30.03.2017

Der 8. Norddeutsche Großhandelstag am 30. März 2017

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Wie sieht die Arbeitswelt der Zukunft aus und welche Herausforderungen müssen bewältigt werden? Mit diesen Themen beschäftigte sich der 8. Norddeutsche Großhandelstag des AGA Unternehmensverbandes und der Handelskammer Hamburg. Antworten dazu gab es unter anderem von Dr. Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung und ehemaliger Wissenschaftssenator der Freien und Hansestadt Hamburg, Robert Gahren, Leiter Personalstrategie der Deutschen Bahn AG und Prof. Dr. Sabine Remdisch von der Leuphana Universität Lüneburg.

„Die Arbeitswelt erlebt derzeit einen Paradigmenwechsel, wie es ihn seit der Industriellen Revolution nicht gegeben hat. Zentraler Treiber dieses Wandels ist die Digitalisierung. Digitalisierung allein auf eine neuartige Technik zu reduzieren, wäre aber ein grundlegender Fehler. Es ist weit mehr. Es ist eine Umwälzung von dem, was wir bisher in der Arbeitswelt erlebt haben“, unterstrich Hans-Christian Friedmann, Vize-Präsident des AGA Unternehmensverbandes und Geschäftsführer der LADIGES GmbH & Co. KG, bei seiner Begrüßung. „Nicht nur die Mittel, mit denen wir Arbeit betreiben, sind neu, die Organisation von Arbeit verändert sich, der Arbeitsplatz wandelt sich, nicht nur örtlich, sondern auch inhaltlich“, so Friedmann weiter. 

Robert Gahren, Leiter Personalstrategie der Deutschen Bahn AG, zeigte in seinem Überblicksvortrag die Erkenntnisse der Deutschen Bahn aus ihrem Projekt „Arbeitswelten der Zukunft bei der Deutschen Bahn“ und übertrug diese auf KMU. Aspekte seines Vortrages waren, dass bei der Bahn der Servicegedanke eine noch wichtigere Rolle bekommt. So verändert sich die Rolle der Zugbegleiter hin zum Gastgeber auf der Bahnfahrt mit individualisiertem Service. Dabei soll z.B. der Zugbegleiter Gastgeber sein, der individuelle Lösungen für den Kunden schafft. Dafür erhält er mehr Autonomie und soll stärker seine Kreativität einsetzen. Auch wenn die Bahn ein großer Konzern ist, wird in manchen Abteilungen bereits das Arbeiten ohne Hierarchie in holokratischer Organisationsform ausprobiert. Unbestritten ist, dass es Führung geben wird, wie diese in der Organisation sich niederschlagen wird, ob hierarchisch, holokratisch oder anders, wird sich zeigen, so Gahren. Weitere Erkenntnisse der Bahn finden Sie auf https://arbeitswelten.deutschebahn.com/

In seiner Keynote arbeitete Dr. Dräger heraus, wie die Digitalisierung die Aus- und Weiterbildung verändert. „Digitalisierung ist Teil der Lösung und nicht des Problems“, sagte Dr. Dräger vor den rund 80 Gästen des Großhandelstages. So habe die Digitalisierung in der Bildung viele positive Aspekte: „Digitalisierung demokratisiert Bildung, weil sie vielen zugänglich gemacht wird. Sie personalisiert das Lernen, auch wenn die Gruppen sehr groß sind. Sie gibt Orientierung im Bildungsdschungel und kann durch Algorithmen zum Traumjob verhelfen.“ Jeder dieser Aspekte wurde anhand von Beispielen anschaulich erklärt, so z.B. anhand der Geschichte der Arizona State University, die die „digitale Welle surfen“ und ihr Bildungsangebot durch die Möglichkeiten der Digitalisierung sehr erweitert haben und die Universität sehr erfolgreich machen. 

Es gab drei verschiedene Workshopeinheiten. Die arbeitsrechtlichen Aspekte der Arbeit 4.0 diskutierte AGA-Rechtsanwältin Janine Fazelly mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Dabei wurde deutlich, dass aktuell rechtliche Themen aus dem Arbeitsrecht auch in der Welt von Arbeit 4.0 unverändert sind, wie die Regelungen zur Arbeitszeit, Erreichbarkeit und zum Arbeitsort. Die vieldiskutierte Überbeanspruchung durch „always on“ wurde bei den teilnehmenden Unternehmen noch nicht festgestellt, wobei es dazu auch bisher noch kaum verbindliche Regelungen gibt. Im Workshop von Steffen Welsch, von Tandemploy, wurden die verschiedenen Modelle des Jobsharings und des flexiblen Arbeitens vorgestellt und diskutiert. Im dritten Workshop gab Prof. Dr. Sebastian Spaeth, Lehrstuhl Digitale Märkte der Universität Hamburg, erste Einblicke in die gemeinsam mit dem AGA und dem Lehrstuhl Technologie- und Innovationsmanagement der Universität Osnabrück durchgeführte Studie zur Zukunft des Handels. Hierbei wurden aus den aktuell ausgefüllten Fragebögen die sich abzeichnenden ersten Trends, die IT-Readiness sowie die Mitarbeiterfähigkeiten dargestellt. 

Nach der Workshop-Phase schalteten wir per Skype ins Silicon Valley zum Vortrag „Führen in der digitalisierten Zukunft“ von Frau Prof. Dr. Sabine Remdisch, die derzeit Gastwissenschaftlerin an der Stanford University ist. Als erstes gab sie einen Eindruck vom Silicon Valley und der dortigen Arbeitsweise, die u.a. von „Share your ideas“ und „Collaboration“ wie auch der Arbeit in den Coworking Spaces geprägt ist. Zudem zeigte sie, wie Design Thinking in Ansätzen funktioniert und wie dies auf die Arbeit in Personalabteilungen übertragen werden kann. Stärker wird zukünftig auch das Feedback an die Mitarbeiter auf ihre geleistete Arbeit werden. So wird der Trend auch weggehen von Jahresgesprächen hin zu regelmäßigen kurzen Befragungen, die den „Puls messen“. Führung wird zudem weggehen vom hierarchischen Führen hin zu einer Art Führung im Netzwerk. Um zu überprüfen, wie bereit eine Führungskraft für das Führen in der digitalen Welt ist, hat Frau Prof. Remdisch auf einen Test zur Selbsteinschätzung hingewiesen, der unter osa.leadershipgarage.de zu finden ist. Darüber hinaus stellte Frau Prof. Dr. Remdisch fünf verschiedene „Schalter“ für eine erfolgreiche digitale Transformation vor. Diese sind die

  • Arbeitsplatzgestaltung, zu der z.B. flexible Arbeitszeit, Arbeitsort und flexible Bürolösungen gehören,
  • Zusammenarbeit in Teams und Netzwerken,
  • Aktivierung und Stärkung der Mitarbeiter durch die Einbeziehung bei Entscheidungen und Feedback,
  • Führung, die z.B. durch Visionen geprägt ist und in der die Führungskraft als Coach und Berater den Mitarbeiter begleitet sowie
  • die Unternehmenskultur, die auf Innovation fokussiert, ein Wir-Gefühl beinhaltet und transparent ist. 

Diese fünf „Schalter“ wurden auch in der Podiumsdiskussion aufgegriffen, die den Abschluss des Großhandelstages bildete. Christian Meierhans (Detlev Louis Vertriebsgesellschaft mbH), Ingo Hupach (Dichtelemente arcus GmbH) und Thorsten Logemann (Intersoft Consulting GmbH) berichteten, wo und wie sie bereits Veränderungen in Ihrem Unternehmen vorgenommen haben bzw. wie sich diese bereits seit Gründung entwickelten. Zudem berichteten sie über ihren Umgang mit den Herausforderungen und Möglichkeiten, die die Digitalisierung für die Arbeitswelt bereithalten. Als Antwort auf die Abschlussfrage – welche Bedingungen es benötigt, dass eine Umsetzung des Transformationsprozesses im Hinblick auf die Veränderungen in der Arbeitswelt gelingt -  antworteten die Teilnehmer: Individualität, Flexibilität, Work-Life-Balance, Offenheit, Vertrauen, ein Wir-Gefühl, Spaß bei der Arbeit und die Erkenntnis, dass der Mensch wichtiger ist, als die Maschine. 

Mit diesen Zutaten für eine gelingende Transformation und dem Schlusswort von Heiner Schote von der Handelskammer endete ein gelungener Großhandelstag. 

DigitalisierungArbeit 4.0