14.04.2020

Arbeitszeitgesetz: Ausnahmen von den wesentlichen Schutzbestimmungen sind möglich

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Durch den am 27. März 2020 neu eingeführten Absatz 4 des § 14 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit ermächtigt, durch Rechtsverordnung Ausnahmen von den wesentlichen Schutzbestimmungen des Arbeitszeitgesetzes zuzulassen.

Hierauf gestützt hat die Bundesregierung mit Wirkung zum 10. April 2020 die „Verordnung zu Abweichungen vom Arbeitszeitgesetz infolge der COVID-19-Epidemie“ erlassen. Sie wird bereits am 31. Juli 2020 wieder außer Kraft treten, wobei die maßgeblichen Ausnahmen nur bis zum 30. Juni 2020 angewendet werden dürfen.

Die Ausnahmeregelungen gelten für folgende Tätigkeiten: 

  • Beim Herstellen, dem Verpacken einschließlich Abfüllen, Kommissionieren, Liefern an Unternehmer, Be- und Entladen und Einräumen von Waren des täglichen Bedarfs, Arzneimitteln, Medizinprodukten und weiteren apothekenüblichen Produkten und Hilfsmitteln sowie von Waren, die zur Eingrenzung, Bekämpfung und Bewältigung der COVID-19-Epidemie eingesetzt werden. 
    Hinweis: Diese Regelung ist auch für den Großhandel anzuwenden. Zu den Waren des täglichen Bedarfs zählen zum Beispiel Lebensmittel einschließlich landwirtschaftlicher Produkte, Hygieneartikel und Treibstoffe. Zu den Produkten, die gegen die COVID-19-Epidemie eingesetzt werden können, zählen zum Beispiel Produkte zur Analyse der Infektion und infektionsrelevante Schutzausrüstung einschließlich entsprechender Zulieferungen. Die Ausnahme gilt zudem auch für Stoffe, Materialien, Behältnisse und Verpackungsmaterialien, die zur Herstellung und zum Transport der oben genannten Waren und Produkte erforderlich sind.
  • bei der medizinischen Behandlung sowie bei der Pflege, Betreuung und Versorgung von Personen einschließlich Assistenz- und Hilfstätigkeiten,
  • bei Not- und Rettungsdiensten, der Feuerwehr und dem Zivilschutz,
  • zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der Funktionsfähigkeit von Gerichten und Behörden, 
  • in den Energie- und Wasserversorgungsbetrieben sowie in Abfall- und Abwasserentsorgungsbetrieben,
  • in der Landwirtschaft und in der Tierhaltung sowie in Einrichtungen zur Behandlung und Pflege von Tieren, 
  • zur Sicherstellung von Geld- und Werttransporten und bei der Bewachung von Betriebsanlagen,
  • zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit von Datennetzen und Rechnersystemen, 
  • in Apotheken und Sanitätshäusern im Rahmen der zugelassenen Ladenöffnungszeiten und bei erforderlichen Vor- und Nacharbeiten sowie bei Abhol- und Lieferdiensten von Apotheken und Sanitätshäusern. 

Für diese Tätigkeiten gelten folgende Ausnahmen von der zulässigen Höchstarbeitszeit, der täglichen Ruhezeit und der Sonn- und Feiertagsbeschäftigung: 

Die tägliche Arbeitszeit kann bei einer Notwendigkeit im Rahmen der COVID-19-Epidemie auf zwölf Stunden erhöht werden. Entsprechend § 3 Satz 2 ArbZG muss hierbei jedoch die über acht Stunden hinaus geleistete Arbeitszeit ausgeglichen werden, sodass innerhalb von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit acht Stunden beträgt. Eine wöchentliche Arbeitszeit von 60 Stunden darf nur in dringenden Ausnahmefällen überschritten werden, die nicht durch vorausschauende organisatorische Maßnahmen einschließlich notwendiger Arbeitszeitdisposition, durch Einstellungen oder sonstige personalwirtschaftliche Maßnahmen vermieden werden können. 

Die Verordnung sieht zudem die Möglichkeit einer um zwei Stunden verkürzten Ruhezeit zwischen den Arbeitseinsätzen vor, soweit dies im Rahmen der COVID-19-Epidemie notwendig ist. Die neunstündige Ruhezeit muss innerhalb von vier Wochen nach Möglichkeit durch einen freien Tag ausgeglichen werden. Ist dies nicht möglich, so ist sie durch eine um zwei Stunden verlängerte (also 13-stündige) Ruhezeit auszugleichen. 

Darüber hinaus können sämtliche oben genannten Tätigkeiten bei einer Notwendigkeit im Rahmen der COVID-19-Epidemie auch an Sonn- und Feiertagen ausgeübt werden. Der zustehende Ersatzruhetag muss dann innerhalb von acht Wochen gewährt werden, spätestens jedoch bis zum 31.07.2020. 

Speziellere landesrechtliche Regelungen bleiben neben der Verordnung bestehen, soweit die Verordnung nicht abschließend ist. Insbesondere können die Länder längere Arbeitszeiten ermöglichen, die Regelungen auf andere Tätigkeiten ausweiten sowie Ausnahmen zu Regelungen des Arbeitszeitgesetzes schaffen, die nicht Gegenstand der Verordnung sind. 

Regelungen zum Arbeitsschutz außerhalb des Arbeitszeitgesetzes bleiben von den Ausnahmen unberührt. Dazu zählen vor allem Regelungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes, des Mutterschutzgesetzes oder der Lenk- und Ruhezeiten im Straßenverkehr entsprechend der Verordnung 561/2006/EG.

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