01.10.2021

Digitales Teamwork und Vorbildfunktionen

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Im Rahmen von Infektionsschutzmaßnahmen wurden im Laufe der COVID-19-Pandemie Unternehmen dazu angehalten, Beschäftigte nach Möglichkeit von zu Hause aus arbeiten zu lassen. Der Anteil von Beschäftigten im Homeoffice erreichte Umfragen des Bayerischen Forschungsinstituts für Digitale Transformation zufolge im Mai 2021 seinen Höhepunkt: mit 46% arbeiteten beinahe die Hälfte der Befragten mehrmals pro Woche im Homeoffice, zu Beginn der Pandemie im März 2020 waren dies noch 39% und vor Beginn der Pandemie nur knapp 20% (Stürz et al., 2021).

Ein Gastbeitrag von Elisabeth Rohwer und Ilona Efimov

In bisherigen Studien berichteten im Homeoffice Tätige beispielsweise von einer besseren Vereinbarkeit von beruflichen und privaten Anforderungen, einer erhöhten Arbeitsproduktivität und -zufriedenheit. Andererseits wurden u.a. Herausforderungen wie fehlende soziale Kontakte und eine erschwerte Kommunikation sowie Entgrenzung und zunehmende Arbeitszeiten beschrieben (Ahlers et al., 2021; DAK-Gesundheit, 2020; Ernst, 2020; Stürz et al., 2021). Doch was können Unternehmen, Führungskräfte und Beschäftigte aus den Erfahrungen während der COVID-19-Pandemie lernen?

Um Arbeit auch im Homeoffice gesund zu gestalten, sollten einerseits auf struktureller Ebene notwendige Arbeitsmittel inklusive Hard- und Software sowie ein professioneller IT Help Desk bereitgestellt werden. Gleichzeitig sollte digitaler Stress durch die verstärkte digitale Kommunikation und Zusammenarbeit vermieden werden (Gimpel et al., 2021). Ein regelmäßiges Wechseln der Körperhaltung, Arbeiten im Stehen oder Walking Meetings können Bewegungsmangel und Fehlbelastungen durch eine fehlende ergonomische Arbeitsplatzgestaltung entgegenwirken. Um Tagesstruktur und Motivation im Homeoffice aufrechtzuerhalten, können Strategien, wie gewohnte Rituale oder Methoden, zur Aufgabenpriorisierung und Zielsetzung unterstützen. Pausen und Erholungszeiten sollten eingehalten und nicht am Bildschirm verbracht werden (Mojtahedzadeh et al., 2021). Andererseits können auch Vereinbarungen auf Teamebene und Beschäftigte selbst zu einer gesunden Arbeitsgestaltung im Homeoffice beitragen. Dazu zählen beispielsweise die Kommunikation von Arbeits- und Erreichbarkeitszeiten, um Beschäftigte vor Entgrenzung zu schützen, aber auch Zeit für den projektunabhängigen Austausch unter Kolleg:innen bewusst einzuplanen, um diesen aufrechtzuerhalten (Kordsmeyer et al., 2021). Insbesondere Führungskräfte können in der digitalen Zusammenarbeit eine unterstützende Funktion einnehmen.

Nach dem aktuellen Stand der Forschung zeigt sich, dass Führung sowohl als Ressource als auch als Stressor einen signifikanten Einfluss auf die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit von Beschäftigten haben kann (Gregersen et al., 2011; Kaluza et al., 2020). Führungskräfte sollten hinsichtlich ihrer Mitarbeiterführung in ortsverteilter, digitaler Zusammenarbeit (z.B. aus dem Homeoffice) darauf achten, dass sie eine delegierende und beratende Rolle einnehmen und in ihrer Kommunikation passende Medien auswählen, Verantwortungsbereiche definieren, Aufgaben eindeutig koordinieren sowie Ziele, Strategien und Feedback klar kommunizieren. Aufgrund der physischen Distanz sollte der Erhalt sozialer Beziehungen und dem Vertrauensaufbau im Team besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden (Kordsmeyer et al., 2021). Auch die Unterstützung der Beschäftigten in ihrer Grenzziehung zwischen Arbeit und Freizeit sowie die Einführung regelmäßiger persönlicher Teamtreffen kann einen gesundheitsfördernden Effekt für Beschäftigte haben (Efimov et al., 2020). Weiterhin sollten Führungskräfte beachten, dass sie durch ihre Vorbildfunktion, ihrem eigenen Gesundheitszustand und der Gestaltung der Arbeitsbedingungen die Beschäftigtengesundheit auch indirekt beeinflussen können (Franke et al., 2015).

Zusammenfassend zeigt sich, dass Unternehmen auf eine gesunde (Zusammen-)Arbeit und Führung achten sollten, um den potentiellen negativen Auswirkungen der Belastungen aus dem Homeoffice entgegenzutreten. Gleichzeitig haben sich durch die Pandemie viele Arbeitnehmer:innen an die Arbeit aus dem Homeoffice gewöhnt und die Vorteile zu schätzen gelernt. Ein Weg zurück zur typischen Fünf-Tage-Bürowoche ist für die Zeit nach der Pandemie für viele Beschäftigte nicht mehr vorstellbar (Ahlers et al., 2021). Daher beschäftigten sich derzeit viele Unternehmen intensiv mit der Fragestellung, wie die post-pandemische (Zusammen-)Arbeit und Führung in hybriden Arbeitsmodellen funktionieren kann. Dabei reagieren manche Unternehmen mit Arbeitsplatzveränderungen (z.B. Reduktion von Büroflächen und Entstehung kollaborativer Arbeitsräume) oder der Einführung flexibler und hybrider Arbeitsmodelle, teils sogar mit der Etablierung von Homeoffice als neuem Standard (Gries, 2021; Kane et al., 2021). Für die zukünftigen dynamischen Entwicklungen wird die Beachtung des derzeitigen Stands der Forschung empfohlen, sodass die zunehmende Digitalisierung des Arbeitsplatzes die Beschäftigten optimal unterstützt und nicht zusätzlich belastet.

Literaturverzeichnis

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Elisabeth Rohwer und Ilona Efimov

arbeiten als Wirtschaftspsychologinnen in der Arbeitsgruppe Psychische Gesundheit am Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM). Wesentliche Aufgabe des von Prof. Dr. med. Volker Harth geführten Instituts ist die Durchführung wissenschaftlicher und praktischer Untersuchungen zur Vertiefung der Erkenntnisse über die Einwirkung der Arbeit auf die Gesundheit des Menschen. Zu den aktuellen Forschungsschwerpunkten der AG Psychische Gesundheit unter der Leitung von PD Dr. Dr. Stefanie Mache zählen u.a. psychische Belastungsfaktoren und Beanspruchungen in der Arbeitswelt (z.B. im Rahmen von Digitalisierung und Flexibilisierung) oder Evaluation neuer Arbeitsformen (z.B. virtuelle Teamarbeit). 2021 waren Elisabeth Rohwer (e.rohwer@uke.de) und Ilona Efimov (i.efimov@uke.de) Gastrednerinnen in den AGA-PraxisForen.

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Geschäftsführerin Digitalisierung & Innovation
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Leiterin Strategische Kommunikation
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