30.09.2021

+++ Update +++ Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz für Verdienstausfall

Nachrichten | Personal | Corona | Unternehmen

In der derzeitigen Corona-Pandemie werden diverse Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) ergriffen, um die Krise einzudämmen. Hervorzuheben sind hier vor allem Kita- und Schulschließungen, Quarantäne sowie der Ausspruch von Beschäftigungsverboten. Der nachfolgende Beitrag beschäftigt sich mit den Möglichkeiten der Entschädigung der Betroffenen nach dem IfSG.

+++ Update +++

Vor Auszahlung der Entschädigung an den Arbeitnehmer muss genau geprüft werden, ob der Anspruch auf Entschädigung ggf. ausgeschlossen ist.  Erhöhte Relevanz hat nach der Gesundheitsministerkonferenz vom 22.09.2021 vor allem der teilweise Ausschluss von ungeimpften Arbeitnehmern vom Entschädigungsanspruch.

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1. Entschädigung wegen Verdienstausfalls
Die Regelung des § 56 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) sieht in drei Fällen die Möglichkeit einer Entschädigung vor. Gemäß § 56 Abs.1 S.1 IfSG kann ein Betroffener zunächst im Falle der behördlichen Anordnung einer Quarantäne - und eines damit einhergehenden Beschäftigungsverbotes - einen Entschädigungsanspruch nach dem IfSG für den Verdienstausfall geltend machen. Nach § 56 Abs.1 S.2 IfSG kann ein Betroffener auch im Falle einer Absonderung bzw. Quarantäne aufgrund einer Rechtsverordnung für den Verdienstausfall eine Entschädigung geltend machen. Schließlich besteht nach § 56 Abs.1 S.3 IfSG ein solcher Anspruch, wenn die Absonderung bzw. Quarantäne vorsorglich erfolgt und die Tätigkeit deshalb nicht ausgeübt werden kann. Die Entschädigung ist in allen Fällen vom Arbeitgeber zu beantragen, da dieser zunächst zur Lohnfortzahlung verpflichtet bleibt. Der Arbeitgeber kann aber den Entschädigungsanspruch des Arbeitnehmers nach Beendigung des Beschäftigungsverbotes gegenüber der Behörde geltend machen und bei Vorliegen der Voraussetzungen einen Ausgleich seiner zuvor für den Zeitraum der Anordnung getätigten Lohnfortzahlung erhalten. Ausdrücklich ausgenommen von einem Entschädigungsanspruch nach § 56 Abs.1 IfSG sind Personen, die durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung oder einer anderen Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die gesetzlich vorgeschrieben ist oder die öffentlich empfohlen wurde, eine Quarantäne oder Absonderung hätten verhindern können. In einer Gesundheitsministerkonferenz haben sich die Bundesländer auf eine einheitliche Handhabung bezüglich dieser gesetzlichen Ausnahmevorschrift geeinigt. Da inzwischen ein breites und leicht zugängliches Impfangebot sämtlichen Bevölkerungsgruppen unterbreitet werden kann, wird ungeimpften Arbeitnehmern, die als Kontaktpersonen oder nach Reiserückkehr in Quarantäne müssen kein Entschädigungsanspruch mehr gewährt. Dies gilt, soweit die Impfung die Quarantäne verhindert hätte und nur für Personen, für die eine öffentliche Empfehlung mindestens seit 8 Wochen vor der Quarantäne vorlag und die nicht durch ärztliches Attest eine Kontraindikation hinsichtlich der Impfung darlegen können. Gleichzeitig wird in dem gemeinsamen Beschluss festgelegt, dass geimpfte Arbeitnehmer keiner Quarantäne als Kontaktpersonen mehr unterliegen sollen. Wird ein (ungeimpfter) Arbeitnehmer dagegen positiv getestet, wird wohl nicht angenommen werden können, dass die Impfung die Quarantäne verhindert hätte. Somit besteht der Entschädigungsanspruch bei nachgewiesener Infektion weiter fort. Ebenfalls von der Entschädigung ausgenommen sind Personen, die durch Nichtantritt einer vermeidbaren Reise in ein zum Zeitpunkt des Reiseantrittes bereits als Risikogebiet eingestuftes Gebiet, eine Absonderung und damit ein Tätigkeitsverbot hätten vermeiden können.
Nachfolgend finden Sie einen Überblick über die einzelnen Voraussetzungen der in § 56 Abs.1 IfSG geregelten Ansprüche und praktische Hinweise für die Beantragung der Entschädigung.

1.1 Entschädigung aufgrund behördlicher Anordnung eines Tätigkeitsverbotes
Die zuständige Behörde kann gemäß § 31 S.2 IfSG ein berufliches Tätigkeitsverbot anordnen, wenn Krankheitsverdächtige oder Ansteckungsverdächtige Krankheitserreger so in oder an sich tragen, dass im Einzelfall die Gefahr einer Weiterverbreitung besteht. Die Anordnung des Tätigkeitsverbotes erfolgt von Seiten der zuständigen Behörde (Gesundheitsamt) in Form eines Bescheides. Dieser wird dem Betroffenen zugestellt. Gemäß § 56 Abs.1 S.1 IfSG erhält derjenige, dem die Ausübung seiner Erwerbstätigkeit behördlich untersagt wurde und dadurch einen Verdienstausfall erleidet, in der Folge eine Entschädigung in Geld. Die Entschädigungshöhe bemisst sich dabei nach dem Verdienstausfall.

1.2 Entschädigung wegen Absonderung aufgrund einer Rechtsverordnung
§ 56 Abs. 1 S.2 IfSG regelt Entschädigungsansprüche wegen Absonderungen aufgrund einer Rechtsverordnung. Hierzu gehören zum Beispiel die landesrechtlichen Verordnungen zur Anordnung von Quarantäne bei Urlaubsrückkehrern aus Risikogebieten. Erfasst ist hiervon allerdings nur die Rückkehr aus Gebieten, die nach Reiseantritt als Risikogebiet eingestuft wurden. Kein Entschädigungsanspruch besteht nach § 56 Abs.1 S.3 IfSG ausdrücklich für den Fall einer privaten Reise in ein bereits vor Reiseantritt als Risikogebiet eingestuftes Reiseziel. Ebenfalls geregelt ist in § 56 Abs.1 S.2 IfSG der Entschädigungsanspruch für die vorsorgliche „Eigenabsonderung“, sofern bereits im Zeitpunkt der Eigenabsonderung die Voraussetzungen einer Absonderungsanordnung nach dem IfSG vorgelegen haben. Gemeint sind die Fälle, in denen ein Betroffener am Arbeitsplatz oder zu Hause im Rahmen eines Selbst- bzw. Schnelltestes ein positives Testergebnis erhält und zur Abklärung des Ergebnisses einen PCR-Test durchführen lässt.  Für den Zeitraum der Quarantäne bis zum Vorliegen des Testergebnisses besteht ein Anspruch auf Entschädigung, sofern sich der PCR-Test im Ergebnis ebenfalls als positiv erweist.

1.3 Allgemeine Antragsvoraussetzungen
Bei Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber gemäß § 56 Abs. 5 IfSG für die Dauer des Arbeitsverhältnisses jedoch längstens für sechs Wochen, soweit tarifvertraglich nicht anders geregelt, die Entschädigung der zuständigen Behörde zunächst auszuzahlen. Die ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber gemäß § 56 Abs.5 IfSG aber auf Antrag beim zuständigen Gesundheitsamt erstattet, wenn alle Voraussetzungen für das Antragsverfahren vorliegen. Der Antrag ist gemäß § 56 Abs.11 IfSG innerhalb einer Frist von zwei Jahren nach Einstellung der verbotenen Tätigkeit bzw. der Absonderung bei der zuständigen Behörde zu stellen.
Selbstständig Tätige stellen den Antrag auf Entschädigung direkt beim zuständigen Gesundheitsamt. Hinsichtlich der Berechnung des Verdienstausfalls gilt das Entgeltausfallprinzip. Für die ersten sechs Wochen wird die Entschädigung in Höhe des Verdienstausfalls gewährt. Ab der siebten Woche steht dem Betroffenen 67 Prozent des entstandenen Verdienstausfalles zu. Es wird der Höhe nach eine maximale Entschädigung für einen vollen Monat in Höhe von 2.016 Euro gewährt. Für den Fall der Einführung von Kurzarbeit gelten Besonderheiten für die Beantragung der Entschädigung bei der zuständigen Landesbehörde. Nähere Informationen hierzu finden Sie auf unserer Website in den FAQs zum Thema Kurzarbeit.

1.4 Verhältnis zur Entgeltfortzahlung auf sonstiger Grundlage
Nicht ausdrücklich geklärt ist das Verhältnis der Entschädigung nach dem IfSG zu den sonst gegen den Arbeitgeber gerichteten Entgeltfortzahlungsansprüchen. Dies betrifft vor allem den Entgeltfortzahlungsanspruch nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz bei tatsächlicher Erkrankung des Arbeitnehmers und den Anspruch auf Lohnfortzahlung bei persönlicher Verhinderung nach § 616 BGB.
Die Entschädigungspflicht nach § 56 Abs. 1 S. 1 IfSG setzt ausdrücklich voraus, dass der Arbeitnehmer einen „Verdienstausfall“ erleidet. Solange also der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegen seinen Arbeitgeber hat, wird der Verdienstausfall bereits anderweitig ausgeglichen. Ein Entschädigungsanspruch nach dem IfSG scheidet deshalb aus. Gleiches muss auch für den Anspruch auf Lohnfortzahlung bei persönlicher Verhinderung nach § 616 S.1 BGB gelten. Es wird zwar von der Rechtsprechung angenommen, dass ein Beschäftigungsverbot bzw. eine Quarantäne nach dem Infektionsschutzgesetz ein in der Person des Arbeitnehmers liegendes unverschuldetes Leistungshindernis darstellte und aufgrund der vorrübergehenden Verhinderung nach § 616 S.1 BGB ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegen den Arbeitgeber bestünde.
Ungeklärt ist jedoch, für welchen Zeitraum von einer „vorübergehenden“ Verhinderung gesprochen werden kann. Die von der (Verwaltungs-) Rechtsprechung in diesem Zusammenhang vorgeschlagene Dauer von bis zu sechs Wochen erscheint unter dem Gesichtspunkt des angemessenen Ausgleiches der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen hier wesentlich zu lang zu sein. Überzeugender und rechtssicherer dürfte nach unserer Auffassung eine Begrenzung des Anspruches auf fünf Werktage sein. Eine baldige Klarstellung durch die Arbeitsgerichte wäre wünschenswert.
Im Übrigen ist anzumerken, dass der Anspruch nach § 616 BGB nur dann überhaupt bestehen kann, wenn dieser nicht arbeits- oder tarifvertraglich bereits von vornherein ausgeschlossen wurde. In einem solchen Fall bleibt es bei einem möglichen Entschädigungsanspruch nach dem IfSG. Der Entschädigungsanspruch nach dem IfSG kommt demnach nach derzeitiger Rechtslage nur zum Tragen, wenn keine anderweitigen Ansprüche auf Entgeltfortzahlung bestehen.

2. Entschädigung wegen Kita- und Schulschließungen
Die Corona-Pandemie stellt auch Eltern vor große Herausforderungen. Die Bundesregierung hat darum ihr Maßnahmenpaket zur Abfederung der Folgen der Corona-Pandemie im November 2020 erweitert und unterstützt seither auch Eltern verstärkt mit finanziellen Hilfen.

2.1 Übersicht Fälle der Entschädigung
Eltern, die wegen Schul- und Kitaschließungen nicht zur Arbeit können und deshalb finanzielle Einbußen hinnehmen müssen, erhalten für den Verdienstausfall ebenfalls eine Entschädigung nach dem IfSG. Hierzu ist eine entsprechende Regelung für Verdienstausfälle bei behördlicher Schließung von Schulen und Kitas in das IfSG aufgenommen worden. Im Dezember 2020 wurde die Regelung ausgeweitet. Ein Anspruch kann seither auch bestehen, wenn durch die zuständige Behörde aus Gründen des Infektionsschutzes Schul- oder Betriebsferien angeordnet bzw. verlängert oder die Präsenzpflicht in einer Schule aufgehoben wird. Damit werden nun alle Zugangseinschränkungen zu Betreuungseinrichtungen ausdrücklich erfasst.

2.2 Voraussetzungen und Umfang der Entschädigung
Betroffene Eltern werden nach der Ausgleichsregelung mit bis zu 2.016 Euro im Monat entschädigt. Die Entschädigung beträgt dabei 67 Prozent des Nettoeinkommens und wird unabhängig von der Anzahl der Kinder für längstens zehn Wochen pro Jahr gewährt. Beaufsichtigt, betreut oder pflegt die erwerbstätige Person ihr Kind allein, besteht der Entschädigungsanspruch längstens für 20 Wochen pro Jahr. Voraussetzung für den Anspruch ist, dass keine andere zumutbare Betreuung (anderer Elternteil, Notbetreuung) zur Verfügung steht und das zu betreuende Kind nicht älter als zwölf Jahre alt ist. Ferner besteht kein Anspruch, wenn andere finanzielle Ausgleichsmöglichkeiten existieren. Es ist auch im Einzelfall arbeitgeberseitig zu prüfen, ob die Tätigkeit vorrangig im Homeoffice ausgeübt werden kann. Die Auszahlung der Entschädigung erfolgt mit der regulären Lohnabrechnung über den Arbeitgeber. Dieser muss sodann die Erstattung bei der zuständigen Landesbehörde beantragen. Der Antrag muss innerhalb von zwei Jahren nach Ende der Zugangseinschränkung eingereicht werden Besonderheiten gelten auch hier bei der Antragsstellung im Falle der Einführung von Kurzarbeit. Nähere Informationen erhalten Sie hierzu auf unserer Website in den FAQ’s zum Thema Kurzarbeit.

2.3 Verhältnis des Entschädigungsanspruches zur Kind-Krank Regelung
Im Jahr 2021 traten weitere pandemiebedingte Ergänzungen zur Lohnfortzahlung bei Kinderbetreuung in Kraft. Die letzte Ergänzung erfolgte am 23. April 2021 mit dem in Krafttreten des 4. Bevölkerungsschutzgesetzes. Nach den Ergänzungen wurde der Anspruch auf Kinderkrankengeld nach § 45 SGB V für das Kalenderjahr 2021 nochmals erhöht. Die Erhöhung gilt rückwirkend ab dem 05.01.2021. Regulär besteht ein Anspruch auf Kinderkrankengeld nach § 45 Abs. 2 SGB V, sofern der Beschäftigte krankenversichert ist, das Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat und das Kind aufgrund eines ärztlichen Attests zu Hause betreut werden muss. Eine andere Betreuungsmöglichkeit darf dem Beschäftigten nicht zur Verfügung stehen. Nach den erfolgten Gesetzesänderungen haben Beschäftigte für das Jahr 2021 nun insgesamt einen Anspruch auf 30 Tage Kinderkrankengeld anstatt der bisherigen zehn Tage. Bei mehreren Kindern kann der Anspruch maximal 65 Tage betragen. Für Alleinerziehende erhöht sich der Anspruchszeitraum auf 60 Tage pro Kind und bei mehreren Kindern auf höchstens 130 Tage. Dieser Anspruch besteht nach der Ergänzung nun auch dann, wenn das Kind aufgrund einer Kita- oder Schulschließung bzw. der Aussetzung der Präsenzpflicht oder aufgrund mangelnden Betreuungsangebotes zu Hause betreut werden muss. Hierbei gilt, dass der gesamte Jahresanspruch bei Kita- und Schulschließung verwendet werden kann. Es ist derzeit noch unklar, ob der Anspruch auf Kinderkrankengeld vorrangig ist gegenüber dem Entschädigungsanspruch nach dem Infektionsschutzgesetz. Die Gesundheitsämter könnten den Antrag auf Entschädigung möglicherweise unter Verweis auf das Kinderkrankengeld ablehnen. Es ist demnach hier zu empfehlen vor Antragsstellung bei den Gesundheitsämtern anzufragen, ob die Kinderkrankengeldregelung aus ihrer Sicht vorrangig ist. Sollte dies der Fall sein, wäre der Beschäftigte auf das Kinderkrankengeld zu verweisen.

3. Aktuelle Vereinheitlichung des Antragsverfahrens
Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) hat zur Vereinheitlichung der Antragsverfahren für Entschädigungsleistungen bzw. deren Erstattung im Rahmen des § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG) eine Website online gestellt und ein entsprechendes einheitliches Online-Verfahren umgesetzt. Die Website kann unter folgendem Link aufgerufen werden: https://ifsg-online.de/index.html
Dort kann der jeweilige Antrag auf Erstattung nach dem IfSG sowohl online als auch in Form eines PDF-Dokuments gestellt werden. Auf der Website gibt es auch detaillierte Anleitungen, wie die Anträge für „Entschädigung bei Schul- und Kitaschließungen“ und „Entschädigung bei Quarantäne oder Tätigkeitsverbot“ zu stellen sind.

Folgende Bundesländer bieten aktuell über diese Webseite eine Antragstellung an:

  • Baden-Württemberg
  • Brandenburg
  • Bremen
  • Hessen
  • Mecklenburg-Vorpommern
  • Niedersachsen
  • Nordrhein-Westfalen (bearbeitet seit dem 15.02.2021 ausschließlich Online-Anträge)
  • Rheinland-Pfalz
  • Saarland
  • Sachsen-Anhalt
  • Schleswig-Holstein
  • Thüringen  (bearbeitet seit dem 01.01.2021 ausschließlich Online-Anträge)
Lohn & Gehalt

Kontakt

Aepler
Lisa Aepler
Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin)
Tel.: 040 30801-158