Vorsorge treffen
Um Probleme durch den Erbfall zu vermeiden, ist es wichtig, als Unternehmer nicht nur die lebzeitige Unternehmensnachfolge steuerlich genau vorzubereiten, sondern das Unternehmensvermögen auch für den Fall des (plötzlichen) Versterbens steueroptimiert zu strukturieren und vorsorgende Maßnahmen zu treffen. Das Erbschaftsteuerrecht bietet hierzu einige Möglichkeiten, sodass sich bei guter Planung im Einzelfall sogar positive Auswirkungen ergeben können.
Dreh- und Angelpunkt der Steuerbefreiungsregelungen für Unternehmensvermögen ist das sogenannte Verwaltungsvermögen. Hierzu zählen unter anderem Wertpapiere, Beteiligungen an Kapitalgesellschaften von unter 25 Prozent, fremdvermieteter Grundbesitz, Kunstgegenstände, Oldtimer, Yachten, aber auch die sogenannten Finanzmittel. Dies sind Zahlungsmittel, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und andere Forderungen einschließlich Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und Gesellschafterforderungen – grundsätzlich nach Abzug von Schulden und eines Freibetrags. Das Verwaltungsvermögen von Tochtergesellschaften ist neuerdings ebenfalls mit in das Verwaltungsvermögen eines Unternehmens einzubeziehen.
Neue Regelung: Die 90-Prozent-Falle
Im Rahmen der Erbschaftsteuerreform wurde eine neue Grenze eingeführt. Diese kann für Unternehmen zur Falle werden, weil ein Überschreiten der Grenze zu einem vollständigen Verlust jeglicher Steuerbefreiungen für das Unternehmen führt.
Nach dem Gesetzeswortlaut kommt künftig nur noch dann eine Erbschaftsteuerverschonung für das Unternehmen in Betracht, wenn das oben genannte Verwaltungsvermögen vor Berücksichtigung von Schulden weniger als 90 Prozent des Unternehmenswerts beträgt.
Bei unverhofftem Versterben zu einem Zeitpunkt mit möglicherweise auch nur temporär sehr hohem Forderungsbestand aus Lieferungen und Leistungen kann die 90-Prozent-Regelung damit unternehmensbedrohliche steuerliche Konsequenzen haben.
Fallbeispiel
Ein Unternehmer verstirbt unverhofft und vererbt sein Unternehmen im Wert von 3 Millionen Euro an seinen Sohn. Zwei Wochen vor seinem Tod hat der Unternehmer fremdfinanzierte Waren veräußert. Die Käufer hatten die Ware zum Todeszeitpunkt jedoch noch nicht bezahlt, sodass im erbschaftsteuerlich relevanten Moment ein hoher Forderungsbestand aus Lieferungen und Leistungen vorhanden war (= schädliche Finanzmittel).
Bilanz des Einzelunternehmens in Euro
Maschinen 1.000.000 Eigenkapital 1.100.000
Vorräte 2.000.000 Rückstellungen 2.000.000
Forderungen aus
Lieferungen und 2.000.000 Verbindlichkeiten 3.000.000
Leistungen
Bank 1.000.000
Wertpapiere 100.000
6.100.000 6.100.000
Eine Steuerbefreiung kann hier nicht gewährt werden, da die Quote des Verwaltungsvermögens ohne Schuldenverrechnung im Verhältnis zum Unternehmenswert 103,33 Prozent (= 3.100.000/3.000.000) beträgt. Wäre der Unternehmer zwei Wochen zuvor verstorben (höherer Bestand an Vorräten statt Forderungen aus Lieferungen und Leistungen) oder erst nach Forderungseingang und Schuldentilgung, wäre eine Steuerbefreiung möglich gewesen. In diesem konstruierten Fall muss nun der Sohn Erbschaftsteuer in Höhe von mindestens 490.000 Euro zahlen und finanzieren. Dieses Ergebnis hätte beispielsweise durch Nutzung der neuen Investitionsklausel verhindert werden können, wenn der Erblasser seine Investitionsabsichten von Verwaltungsvermögen stetig dokumentiert hätte (Nachweis eines Erblasserplans) und der Sohn aufgrund dieses Plans innerhalb von zwei Jahren nach dem Tod des Unternehmers sodann Verwaltungsvermögen in unschädliches Vermögen investiert hätte.
Praxistipp
Das Risiko für den Fortbestand eines Unternehmens lässt sich durch Planung der Unternehmensnachfolge und durch ein regelmäßiges Controlling des Verwaltungsvermögens – gepaart mit vorsorgenden Maßnahmen – verhindern. Die Beraterinnen und Berater des TeamMittelstand-Mitglieds Schomerus & Partner stehen für weitere Informationen gerne zur Verfügung. Für AGA-Mitglieder ist eine erste telefonische Beratung kostenfrei.
Die Autorin: Franziska Rohland-Dieckmann ist Dipl.-Finanzwirtin und Steuerberaterin beim TeamMittelstand-Mitglied Schomerus & Partner.