08.11.2018

Einfuhrumsatzsteuer: Wettbewerbsnachteil für Hamburger Importeure

Nachrichten | Politik

Nur sechs von 28 Staaten der Europäischen Union bestehen auf der Abführung von erstattungsfähiger Einfuhrumsatzsteuer. Darunter sind Zypern, Großbritannien – und Deutschland. In der Bundesrepublik kassiert der Zoll und die Rückerstattung erfolgt später durch die Landesfinanzämter, was aber bis zu zwei Monate dauern kann. Und das ist den Hamburger Unternehmern ein Dorn im Auge, denn diese Praxis entzieht den Firmen Liquidität und ist ein erheblicher bürokratischer Aufwand, also ein deutlicher Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Standorten in der EU. Allein im vergangenen Jahr wurden rund 55 Milliarden Euro ein Einfuhrumsatzsteuer erhoben.

Deswegen will Hamburg auf der nächsten Finanzministerkonferenz alle Mitglieder davon überzeugen, dass eine neue Ausgestaltung des Erhebungsverfahrens sinnvoll für alle Bundesländer ist. Geplant ist, dass ein neues Gesetz im kommenden Jahr von Bundestag und Bundesrat verabschiedet wird und dann am 1. Januar 2020 in Kraft treten kann.

„Wir setzen uns gemeinsam mit der Wirtschaft seit Jahren nachdrücklich für eine praxistaugliche und faire Ausgestaltung des Erhebungsverfahrens ein. Das ist längst nicht nur ein Hamburger Thema, betroffen sind zum Beispiel auch die Logistikdrehkreuze rund um die großen deutschen Flughäfen“, sagte Finanzsenator Dr. Andreas Dressel gestern auf einer Pressekonferenz. „Es kann nicht sein, dass durch das aktuelle Verfahren eine Verlagerung von Arbeitsplätzen, Steuereinnahmen und Wertschöpfung entsteht. Ich werde dieses wichtige Anliegen mit meinen Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Ländern noch in diesem Monat erörtern, damit wir bald das konkrete Gesetzgebungsverfahren starten können. Die Vorschläge liegen auf dem Tisch: In fast allen anderen EU-Staaten fallen Erhebungs- und Erstattungsverfahren nicht auseinander; das ist auch unser Ziel.“

Was diese Praxis der Erhebung für die Unternehmen bedeutet und welche Konsequenzen sie hat berichtete Dr. Hans Fabian Kruse, AGA-Präsident und Geschäftsführender Gesellschafter der Wichers & Helm GmbH & Co. KG: „Wir importieren Containerweise Quarz aus Übersee, was wir immer über Hamburg gemacht haben. Dafür mussten wir Einfuhrumsatzsteuer abführen und benötigten dafür auch entsprechende Kreditlinien. Wir importieren jetzt über Rotterdam, was die Arbeit erheblich vereinfacht. Dort bekommen wir die Steuerbescheide teilweise schon vor Ankunft des Schiffes. In Rotterdam wird sehr effizient gearbeitet. Ich kann für alle Importeure in Norddeutschland sprechen, dass das Verfahren in Deutschland zwingend vereinfacht werden muss und es ist unser dringender Appell an die Politik, das jetzt umzusetzen.“

Rotterdam macht mit dem effizienten und wenig bürokratischen Umgang bei der Einfuhrumsatzsteuer auch in Deutschland aggressive Werbung (siehe hier). Zu befürchten ist, dass Deutschland und ganz speziell Hamburg dadurch Marktanteile an Mitbewerber verliert: „Das kann nicht unser Interesse sein“, so Finanzsenator Dressel.

Die Abwicklung von Importen wird mehr und mehr in Nachbarstaaten, insbesondere nach Rotterdam und Antwerpen verlagert. Das schadet den deutschen Logistik-Drehkreuzen und reduziert die deutschen Einnahmen aus dem nationalen Zollanteil. „Die geforderte Verschlankung des Verfahrens ist ein klarer Fall von Bürokratieabbau und bringt dem Staat nach dem Umstellungsaufwand schnell mehr Einnahmen“, sagt AGA-Präsident Dr. Kruse. „Die Unternehmen brauchen auch in Deutschland die einfachere, unbürokratischere Regelung. Dafür muss der Staat seine Prozesse ändern und Ermittlung und Erstattung zusammenlegen, damit die Einfuhrumsatzsteuer nicht erst entrichtet werden muss, sondern bei der Umsatzsteuer-Voranmeldung direkt verrechnet werden kann.“ Das sieht es der Artikel 211 der EU-Mehrwertsteuersystemrichtlinie ausdrücklich vor. Und genau das machen 22 von 28 EU-Staaten – mit Erfolg.

 

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