02.06.2020

Keine Vergütungskürzung von Fahrtzeiten durch Betriebsvereinbarung bei tarifvertraglicher Vergütungsregelung

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Das entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) und gab damit der Klage eines Servicetechnikers statt. Der Kläger ist im Außendienst bei einem Unternehmen tätig. Für das Arbeitsverhältnis gelten die Tarifverträge des Groß- und Außenhandels Niedersachsen. In einer zusätzlichen Betriebsvereinbarung (BV) ist geregelt, dass Anfahrtszeiten zum ersten und Abfahrtszeiten vom letzten Kunden von jeweils unter 20 Minuten nicht zur Arbeitszeit zählen. Der Arbeitgeber hatte diese Zeiten nicht vergütet. Laut BAG handele es sich bei der Fahrtzeit um vergütungspflichtige Arbeitszeit. Die Vergütungspflicht werde durch die Regelung in der BV auch nicht ausgeschlossen. Die Regelung betreffe einen tariflich geregelten Gegenstand, sodass ein Verstoß gegen den Tarifvorrang nach § 77 Abs. 3 S.1 BetrVG vorläge. Nach dem für das Arbeitsverhältnis geltenden Tarifvertrag seien sämtliche Tätigkeiten, die ein Arbeitnehmer in Erfüllung seiner vertraglichen Hauptleistungspflicht erbringe, mit der tariflichen Grundvergütung abzugelten. Dazu gehöre bei Außendienstmitarbeitern die gesamte für An- und Abfahrten zum Kunden aufgewendete Fahrtzeit. Da der Mantel­tarifvertrag keine Öffnungsklausel zugunsten abweichender BV enthalte, sei die Fahrtzeitenregelung wegen eines Verstoßes gegen die Tarifsperre unwirksam. Eine Entscheidung mit erheblichen Auswirkungen, da die Vergütung von Fahrtzeiten regelmäßig Gegenstand von Diskussionen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ist und nicht selten in einer Betriebsvereinbarung geregelt wird. 

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