23.02.2022

Kündigungsschutz für schwerbehinderte Beschäftigte erweitert

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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat jüngst in seinem Urteil vom 10. Februar 2022 (Az. C-485/20 HR Rail) entschieden, dass die Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmer innerhalb der Probezeit nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist. Die HR Rail SA, die einzige Bedienstete der belgischen Eisenbahn, hatte einen Gleisarbeiter während der Probezeit gekündigt, der nach Beginn des Arbeitsverhältnisses einen Herzschrittmacher erhalten hatte. Da der Herzschrittmacher sensibel auf die elektromagnetischen Felder in Gleisanlagen reagieren kann, konnte der Arbeitnehmer hier nicht mehr beschäftigt werden. Überdies wurde ihm deshalb eine Schwerbehinderung attestiert. Der Arbeitgeber beschäftigte ihn allerdings zunächst im Lager weiter. Kurze Zeit später erhielt der Arbeitnehmer die Probezeitkündigung, da es ihm nun endgültig völlig unmöglich sei, seine Aufgaben, für die er eingestellt worden sei, zu erfüllen. Daraufhin klagte der Arbeitnehmer. Seine Kündigung widerspreche der europäischen Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie (Richtlinie 2000/78/EG). Art. 5 der Richtlinie sieht insbesondere vor, dass der Arbeitgeber „angemessene Vorkehrungen für Menschen mit Behinderungen“ treffen muss. Der Arbeitnehmer war der Auffassung, dass dazu auch die mögliche Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz gehöre. Der EuGH bestätigte diese Auffassung, stellte aber klar, dass die anderweitige Zuweisung keine übermäßige Belastung des Arbeitgebers darstellen dürfe. Um das Risiko einer unwirksamen Probezeitkündigung zu umgehen, müssen daher auch deutsche Arbeitgeber bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit Schwerbehinderung prüfen, ob nicht die Beschäftigung auf einem anderen freien Arbeitsplatz möglich ist.

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