02.04.2025

Schadensersatz bei verspäteter Zielvorgabe

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Erfüllt ein Arbeitgeber die arbeitsvertragliche Verpflichtung zur Vorgabe von Zielen für die Auslösung einer variablen Vergütung schuldhaft nicht rechtzeitig, entsteht zu Gunsten des Arbeitnehmers ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung, wenn eine nachträgliche Zielvorgabe ihre Motivations- und Anreizfunktion nicht mehr erfüllen kann.

 Im vorliegenden Fall war der Kläger bei der Beklagten als Führungskraft mit einer zusätzlich vereinbarten variablen Vergütung beschäftigt. Bis zum 1. März des Kalenderjahres hatte die Zielvorgabe zu erfolgen, die zu 70 Prozent aus Unternehmenszielen und zu 30 Prozent aus individuellen Zielen bestand und nach deren Zielerreichung sich die Höhe der variablen Vergütung richtete. Erstmals im September des Jahres teilte der Geschäftsführer den Führungskräften mit, dass der Ziel-erreichungsgrad der individuellen Ziele 142 Prozent des Durchschnitts der letzten Jahre sei – eine Vorgabe individueller Ziele erfolgte für den Kläger nicht. Erstmals im Oktober des Jahres wurden dem Kläger Unternehmensziele einschließlich der Gewichtung und des Zielkorridors benannt. Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 19. Februar 2025 - 10 AZR 57/24) erkannte in der unterlassenen Zielvorgabe ohne individuelle Ziele eine schuldhafte Verletzung der Beklagten, ebenso wie in der um ein Dreivierteljahr verspäteten Mitteilung der Unternehmensziele. Eine ihrer Motivations- und Anreizfunktion gerecht werdende Zielvorgabe sei zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich. Der zu ersetzende finanzielle Nachteil wurde nach billigem Ermessen geschätzt und eine Erreichung von 100 Prozent der individuellen Ziele und 142 Prozent der unternehmerischen Ziele unterstellt. Ein Mitverschulden des Klägers kam wegen der Initiativlast des Arbeitgebers für die Vorgaben der Ziele nicht in Betracht.  

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