19.01.2023

Übersee-Club: Aussichten 2023

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Wenn der Übersee-Club – eine der traditionsreichsten Hamburger Institutionen – am Jahresbeginn zu den „Aussichten“ einlädt, dann hören Politik, Wirtschaft und Medien ganz genau hin. Acht Branchenexperten wagten am 19. Januar im Hotel Atlantic den Ausblick auf das Jahr. Für die Außenwirtschaft sprach erneut AGA-Präsident Dr. Hans Fabian Kruse.

Historische Zäsur

Selten in der Geschichte lagen Aufbruch und Schock so dicht beieinander wie 2022. Statt Post-Corona-Aufschwung sah sich die Welt mit dem russischen Überfall auf die Ukraine konfrontiert. „Die Spielregeln der Weltwirtschaft ändern sich dramatisch“, betonte Kruse vor diesem Hintergrund. Der Krieg werfe unsere Energiepolitik über den Haufen, befeuere die Inflation und lege Abhängigkeiten offen. Er zeige, welche Bedeutung der Außenhandel für unseren Wohlstand habe. Kruse bekräftigte zugleich, dass die Unterstützung für die Ukraine nicht nachlassen dürfe.

Der historischen Zäsur mit all ihren Herausforderungen begegnete der AGA-Präsident dennoch mit Optimismus. Von Schwarzmalerei hält er nichts: „Lassen wir uns von all den Schreckensmeldungen [...] nicht zu sehr beeinflussen“, sagte Kruse zu den mehr als 300 Zuhörerinnen und Zuhörern. Die Corona-Rezession liege hinter uns. Dass das Bruttosozialprodukt trotz Krieg und Energiekrise um 1,9 Prozent gewachsen ist, wertete er als Lichtblick. Ebenso die Rekordzahl an Erwerbstätigen.

Hohe Kosten bleiben

Für 2023 geht der AGA-Präsident von einer „schwarzen Null“ und einer Konsumentenpreisinflation von durchschnittlich 6 Prozent aus. Die EZB-Zinsen schätzt er auf 3 Prozent, den durchschnittlichen Ölpreis auf rund 70 US-Dollar pro Fass. Aufgrund der hohen Inflation von Importwaren – zwischenzeitlich habe sie bei 40 Prozent gelegen – sei es jedoch schwierig, die reale Veränderung des Außenhandels abzuschätzen. Zu erwarten sei ein reales Wachstum beim Export von etwa 2 Prozent.

Kruse verdeutlichte, dass viele Kosten in Zukunft auf einem höheren Niveau bleiben werden. Dies gelte zum Beispiel für Transporte. Zwar seien die reinen Seefrachten zwischen China und Europa wieder auf das Vor-Corona-Niveau gefallen. „Für den Unternehmer aber zählen die Kosten von Tür zu Tür. Da Vorlauf, Nachlauf und Abwicklung deutlich teurer geworden sind, bleiben die Transportkosten sehr hoch.“

Nordatlantisches Freihandelsabkommen

Über die Rolle bzw. das Verhalten Deutschlands innerhalb Europas zeigte sich AGA-Präsident Kruse besorgt. Die Bundesregierung tue nicht genug für die europäische Zusammenarbeit. Deutschland brüskiere mit Alleingängen die anderen. Und: „Als Unternehmer habe ich den Eindruck, dass unsere Parteien weiter Politiker nach Brüssel schicken, um die Welt vermeintlich zu verbessern, statt Europa im internationalen Systemwettbewerb zu stärken.“ Er warnte davor, Freihandelsabkommen (mit Ideologie) zu überfrachten.

Die USA sieht Kruse weiterhin als die „besten Partner, die wir außerhalb Europas haben oder finden können“. Er sprach sich dafür aus, einen neuen Anlauf für ein transatlantisches Freihandelsabkommen zu nehmen, um sich z.B. auf gemeinsame Standards zu einigen.

Auch auf Russland lenkte der AGA-Präsident den Blick noch einmal. Langfristig und – je eher umso besser – müsse Russland wieder in die Weltgemeinschaft zurück. Und es brauche einen für Russland und für die Ukraine zukunftsweisenden Frieden. „Mit Putin ist das nicht möglich“, macht Kruse zugleich deutlich.

Das Schlusswort seines Impulses nutzte der AGA-Präsident, um den Zuhörerinnen und Zuhörern Mut mit auf den Weg zu geben: „2023 wird besser als mancher befürchtet – lassen Sie uns alle unseren Teil dazu beitragen“.

Für die weiteren Branchen sprachen bei den Aussichten 2023:

  • Hafenwirtschaft: Gunther Bonz, Präsident | Unternehmensverband Hafen Hamburg e.V. (UVHH)
  • Einzelhandel: Andreas Bartmann, Präsident | Handelsverband Nord e.V.
  • Medien: Klaus Ebert, Präsident | Allgemeiner Hamburger Presseclub e.V.
  • Handwerk: Hjalmar Stemmann, Präsident | Handwerkskammer Hamburg
  • Tourismus: Michael Otremba, Geschäftsführer | Hamburg Tourismus GmbH
  • Industrie: Matthias Boxberger, Vorsitzender des Vorstands | Industrieverband Hamburg e.V.
  • Finanzwirtschaft: Dr. Harald Vogelsang, Vorstandssprecher | Hamburger Sparkasse AG

Fotos: Christian Ströder/AGA

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